Home-Schooling Unterricht zu Hause in Zeiten von Corona - wie soll das klappen?

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First of all: Eine Frage der Möglichkeiten!

Jetzt, da die Schulen geschlossen haben, spüre ich mein Privileg zum ersten Mal ganz stark:
  1. Ich habe die Möglichkeit, Homeoffice zu machen. Das heißt, ich muss mir um Verdienstausfälle oder meinen Arbeitsplatz keine Sorgen machen. Nicht selbstverständlich!
  2. Meine beiden Kinder sind nicht mehr so klein, dass sie Betreuung brauchen. Statt dessen haben sie auch selbst ein Interesse, mit dem Schulstoff am Ball zu bleiben. Nicht selbstverständlich!
  3. Die Schule der Kids ist sehr gut ausgestattet und hinsichtlich der Bereitstellung von E-Learning Angeboten und sonstigen Materialien echt auf Zack. Nicht selbstverständlich!
  4. Wir sind selbst daheim in technischer Hinsicht ganz gut ausgestattet und können unseren Kindern ermöglichen, zeitgleich an verschiedenen PC's zu arbeiten. Nicht selbstverständlich!
  5. Und nicht zuletzt: Unsere Wohnung ist zwar nicht riesig - dennoch bietet sie genügend Raum, dass sowohl die Kinder als auch ich selbst einen ruhigen und störungsfreien Arbeitsplatz einrichten können, ohne ständig abgelenkt zu werden oder uns auf den Keks zu gehen. Absolut nicht selbstverständlich!
Das wollte ich mal vorweg schicken - denn klar ist: Über all diese Möglichkeiten zu verfügen, ist echt ein totales Glück und ein mega Geschenk! Und wenn es nur an einem der Punkte hakt, dann kann es zur Zeit wirklich schwierig werden. Das wird mir momentan mehr denn je bewusst!

Gebt euch eine Struktur!

Aber auch, wenn theoretisch alles passt - Moodle läuft, Bleistifte sind gespitzt, alle motiviert - kann es eine echte Herausforderung sein, den Unterricht Zuhause gut durch zu ziehen. Warum? Es fehlt tatsächlich der klare Tagesablauf. Und sich den selbst aufzuerlegen, kann nicht nur mit zwei müden Teenagern, sondern auch mit Kindern in jedem Alter oder auch nur für eine*n selbst, eine echte Herausforderung werden.

Heute hat es ganz gut geklappt. Aber vermutlich nur, weil wir schon gestern genau besprochen hatten, wie es laufen soll. Dabei durften die Kinder natürlich auch mitbestimmen - denn: Ihnen einfach nur etwas aufzuzwingen, womit sie überhaupt nicht mitgehen können, bedeutet nur jede Menge Frust und Kämpfe. Nicht gut für die - zur Zeit ohnehin - angespannten Nerven. Und vermutlich auch nicht für die Lernatmosphäre daheim. Also gibt es eine Reihe von Absprachen und Deals.
Zum Beispiel
  • Was sein muss: Morgens aufstehen, anziehen, frühstücken, Zähne putzen. Kein Rumgegammel wie in den Ferien, sondern richtig fertig machen für den Tag.
    • Deal: Wir schlafen eine Stunde länger als normalerweise. Denn wir sparen einfach total viel Zeit, wenn wir nicht zur Arbeit oder zur Schule müssen. Die eingesparte Zeit können wir uns ruhig schenken. Finde ich auch ziemlich gut. Und Quälerei muss gerade auch echt nicht sein.
  • Was sein muss: Es werden die Fächer aus dem Stundenplan durchgearbeitet, je nachdem, was es am entsprechenden Tag für Aufgaben dazu gibt.
    • Deal: Wir verkürzen den "Schultag" auf ungefähr vier Stunden (8 - 12 Uhr). Wenn es dann noch was Wichtiges zu tun gibt, kann das schon noch am Nachmittag gemacht werden - aber wichtiger ist es dann, auch mal in Bewegung zu kommen und Hobbies nachzugehen. Sonst kriegen wir hier alle bald den Lagerkoller!
  • Was sein muss: Es gibt nebenbei keine Störungen (sich Witze erzählen, den Stift klauen, mit Freunden chatten, YouTube glotzen usw.). Sondern es wird, wie in echten Schulstunden, möglichst konzentriert gearbeitet.
    • Deal: Wie in der Schule auch, muss es richtige Pausen geben. Also Timer stellen und nach 45 Min. Lernzeit: fünf Minuten Pause. Nach zwei Lerneinheiten dann 20 Minuten Pause. Nach nochmals zwei Einheiten (mit 5-Min-Pause zwischendrin) Schluss machen.
Nach dem ersten Testlauf heute bin ich ziemlich beeindruckt, wie gut das Ganze geklappt hat. Vor allem die Tatsache, dass die Kids selbst total stolz und erleichtert waren, ein gutes Stück geschafft zu haben - und zwar weitgehend eigenverantwortlich. Wir alle hatten sogar den Eindruck, dass das Lernen auf diese Weise sogar noch effektiver war und mehr Spaß gemacht hat, weil sich beide Kinder ohne Ablenkung einfach besser auf den Stoff einlassen konnten. Dadurch war es auch kein Problem, die Lernzeit auf vier Vormittagsstunden abzukürzen - in der Zeit haben sie echt einen Haufen abgehakt. Und: Das coole Gefühl, ein Ergebnis zu sehen und dann anschließend ohne schlechtes Gewissen gemütlich abhängen zu können, kennen wir ja vermutlich alle - warum sollte es bei Kindern anders sein?

Nicht vergessen: Wir experimentieren alle - ohne Generalprobe!

Ob sich das allerdings so positiv fortsetzt, bleibt abzuwarten. Möglicherweise müssen wir den Plan auch nochmal komplett umwerfen, wenn dieser Modus in ein paar Tagen nicht mehr klappen sollte. Und uns dann zusammen einen neuen Ablauf ausdenken. Bei allem, was wir nun tun, handelt es sich schließlich um ein Experiment. Ohne Generalprobe. Das im Blick zu behalten, kann immer wieder helfen, sich und den Kindern nicht zu viel Druck zu machen.

Vielleicht verfliegt aber auch generell die anfängliche Motivation und Begeisterung, wenn die Situation nicht mehr so neu und spannend ist, das Arbeiten mit der Lernplattform nicht mehr so besonders wirkt und die Sehnsucht nach den Freunden in der Schule zu groß wird. Dann wird es umso wichtiger werden, viel miteinander zu sprechen und Verständnis aufzubringen. Und: Flexibel und kreativ bleiben - anders wird es in nächster Zeit nicht gehen. Und Fünfe auch einfach mal gerade sein lassen, denn die angespannte Lage ist schon Stress genug. Da müssen wir es uns nicht auch noch gegenseitig schwer machen.

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Mandarine
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